Bericht vom Jungfrau Marathon 2022

Eine Première und eine Hand voll Mal Jungfrau-Marathon

Am 29. Jungfrau-Marathon 2022 vertreten Armin Arnold und ich Tino Gisler den LATV. Zur grossen Freude begleitet uns eine Delegation Urner Fans und vor allem Manuela mit dem «Rätschli». Für Armin ist es die Erste Teilnahme, ich nehme bereits zum 5. Mal teil. Total kämpfen sich 21 Urner Läufer die «Wand» hoch.

 

Samstagmorgen 10. September 2022, wir treffen frühzeitig im Startgelände ein.  In Interlaken sind die Abläufe bei der Startnummernausgabe etwas neu organisiert. Das bringt mich nicht weiter aus der Ruhe. Das Wetter mit leichtem Nieselregen und frischer Temperatur für Armin und mich optimal. Der Blick auf die Jungfrau Region bleibt uns leider noch verwehrt. Die Streckenführung verläuft in Interlaken mit einer Stadtrunde in entgegengesetzter Richtung und etwas länger als bisher, da der Zieleinlauf wiederum bei der neuen Bergstation Gondelbahn Eigergletscher geplant ist. Der Rest der Strecke ist weiterhin original geführt.

 

Frühzeitig und begleitet von Alphornklängen können wir uns den «Hand Shake» geben und dabei gegenseitig etwas Gänsehaut spüren. Während die Schweizer Nationalhymne erklingt stehen wir bereits beide in unseren Startblöcken. Dieser Moment geht einfach jedem unter die Haut, bis dann der Startschuss knallt bleiben noch ein paar Sekunden. Ab hier kann ich von Armins Rennen nur vom hören Sagen sowie den beachtlichen Zwischenzeiten berichten. Betreffend meinem Rennverlauf gibt es nur eine Definition und die heisst «Murx». Vielleicht hat mich bereits die entgegengesetzte Startrichtung mehr als gedacht aus dem Konzept gebracht. Ich spüre schon früh, dass es nicht wirklich locker rollt. Zum Glück lässt mich das «Rätschli» von Manuela nach 2.5 km bewusstwerden, dass das Rennen bereits begonnen hat.

 

Armin nimmt die Emotionen vom Startprocedere mit und läuft von Beginn weg seine geplante Pace. Die 10 km passiert er mit 44.16, ich mit 48.02. Bei km 21 ist Armin mit 1:34.27 voll im Fahrplan unweit von den Top 100 Overall Männer entfernt. Man bedenke, dass in Lauterbrunnen bereits ca. 200 HM überwunden sind. Auch gibt er später zu, dass das Publikum und die Attraktionen entlang der Strecke wirklich einzigartig sind. Guggenmusik bis Ländler Formationen, Glocken, und lautstarke Zurufe lassen manchem Läufer die Schmerzen etwas vergessen. Auf der Schlaufe in Lauterbrunnen sammelt er seine Kräfte nochmal für die «Wand» nach Wengen. Armin weiss um seine Stärke im 2. Abschnitt. Ich weiss bereits in Lauterbrunnen, dass heute alles passieren kann. Ich bin mit 1:46.03 zwar noch einigermassen auf Kurs aber bereits einiges hinter meiner PB. Und meine Beine… na ja.

Nachdem ich mich zum 5. Mal mit unglaublichen Krämpfen die Wand hochgekrampft habe, bin ich irgendwie irritiert, dass mich der 4:30.00 Pace Maker noch nicht eingeholt hatte. Die Stimmung durch Wengen gleicht fast jener der Rangverkündigung am Lauberhorn Rennen, bevor es dann etwas ruhiger wird in Richtung Jungfrau-Massiv. Ich nehme den Schwung mit in Richtung Slalom Start ehe mich die Krämpfe wieder brutal einholen und ich fast austreten muss. Armin läuft es auf dem Abschnitt Wengen-Wixi beneidenswert top. Dadurch passiert er km 38 in 3:27.22 als genau Top 100 Overall Männer. Mit viel Wasser und Traubenzucker schaffe ich es von einem Sanitätsposten zum nächsten und treffe in 4:03.39 im Wixi ein. Das spricht auch für die top organisierten Verpflegungs- und Sanitätsposten entlang der Strecke. Unser unterschiedliches Befinden ist auch unserem Ausdruck auf den Fotos zu entnehmen.

Aufgrund meiner Rutine nimmt mein Schlussabschnitt ins Ziel etwa 45 Minuten in Anspruch. Der Pace Maker konnte jetzt definitiv nicht mehr kommen er musste das Rennen leider in Wengen aufgeben. Ab Wixi wird mein Ziel auf «unter 5 Stunden» gesteckt. Dies schaffe ich dank den einzigartigen Alphorn- und Dudelsack-Klängen bei km 40. Aber auch dank den Urner Fans mit Cola am Ende der Moräne, dem «Rätschli» von Manuela und dem Beifall von Armin (nimmä Wit) 150 m vor dem Ziel. So darf ich mit 4:50.13 immer noch unter 5 Stunden beim Ziel Eigergletscher einlaufen. Es wird der 515 Rang von 2335 gestarteten Overall Männer, der 80 Rang M45 Damit bin sehr glücklich und dankbar.

Armin knackt mit 4:08.24 bei seiner 1. Teilnahme beinahe sein hoch gestecktes Ziel von «unter 4 Stunden». Die gefühlt schweren Beine auf der Moräne haben Ihn etwas zurückgebunden. Seine Zeit beschert ihm den beachtlichen 98 Rang Overall Männer, den 18 Rang M40 und es laufen lediglich 11 Frauen unter seiner Zeit. Bei mir sind es zum Glück ein paar Frauen mehr, die schneller laufen.

Armin liegt damit im Ranking der je von Urnern gelaufenen Schlusszeiten weit vorne. Auch wenn er sein Ziel nicht gerne offiziell kommunizierte, ich habe ihm das zugetraut und lag mit meiner Prognose nicht weit daneben. Er befindet sich schliesslich in einer beneidenswerten Form. Es ist auch immer wieder bewundernswert, wie er eine Strecke analysiert und Referenzzeiten analysiert. Bei mir werden die Ziele zurzeit eher nach Hinten abgesteckt die Freude am Laufen ist jedoch noch da.

Leider bleibt uns der Blick auf’s Jungfraujoch, den Eiger und Mönch dieses Jahr verwehrt. Dies hätte den Schmerz wohl in bisschen schneller lindern lassen. Deshalb fahren wir nach der Wahl «wer hat den schnellsten Schuh» (siehe Bild) mit der Gondel an die after Race Party, zur Dusche und Massage bei der Talstation in Grindelwald.

Ob wir uns für die Jubiläumsaustragung 2023 wiederum motivieren können, lassen wir noch offen. Nach dem Rennen ist es zumindest für mich das letzte Mal. Meine Hand ist mit 5 Teilnahmen voll.

Wünsche allzeit viiiil Freude am Laufen, Tino Gisler